Interview
03.11.2007
Fürstin Gloria im Interview im Magazin "theo"
Interview: Brigitte Haertel
Was ist Ihrer Meinung nach der Unterschied im Wesen von Mann und Frau?
	    
	    Eine Frau ist von Natur aus so disponiert: Sie möchte Kinder haben, einen Mann, der ihr treu ist, der für sie da ist und sie beschützt. Das sind Grundbedürfnisse, die jede Frau hat. Wenn man das heute äußert, wird man oft als Fundamentalist oder als jemand von vorgestern bezeichnet.Aber ich bin mir sicher, dass immer mehr Menschen – gerade aus der so genannten »Ökoszene« – erkennen, dass es die Natur ist, die diese Unterschiede zwischen Mann und Frau festlegt.Wenn man uns Frauen aber ständig einredet, dass wir uns aus dieser natürlich angelegten Schöpfung herauslösen müssen, klingt das im ersten Moment vielleicht ganz attraktiv, langfristig aber ist es gegen unser ureigenstes Interesse. Es kann eine Weile funktionieren, aber es fordert seinen Tribut. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass einige Alt-68er wieder zum Katholizismus zurückfinden.
	    
	    Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass die
	    göttliche Schöpfungsordnung sich nicht gegen den Menschen
	    richtet, sondern für den Menschen da ist. Und dass die Gebote,
	    an die wir uns halten dürfen, für uns gemacht sind – und zwar,
	    um uns frei zu machen und nicht, um uns zu gängeln.
Sie selbst tun auch Dinge, die traditionell »männlich« behaftet sind.
  Sie sind für ihre Kinder Vater und Mutter zugleich, leiten ein Unternehmen,
  managen die Familie. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass
      ihre Weiblichkeit auf der Strecke bleibt?
      
	    Gar nicht. Meine Erfahrung ist, dass Frauen all das können,
	    was Männer können, manchmal sogar besser. Frauen sind mit
	    einem ungeheuren Instinkt ausgestattet, haben die bessere
	    Sozialkompetenz und die »Intelligenz des Herzens«. Die Frau
	    muss bloß ihre Grenzen klar setzen. Ich hatte oft das Gefühl,
	    dass ich als Frau schärfer und härter beurteilt wurde als ein
	    Mann. Das war für mich eine Herausforderung.
Wäre es unter feministischen Gesichtspunkten nicht denkbar gewesen,
  dass Ihre älteste Tochter das Thurn-und-Taxis-Erbe antritt und nicht
      ihres Geschlechts wegen gar nicht erst in Betracht kommt?
      
	    Nach unserem Familienrecht erbt der älteste Sohn, damit der
	    Name in die nächste Generation weitergetragen wird. Ich
	    habe dieses Recht nicht geschrieben, es war der Wunsch des
	    Erblassers. Aber das heißt nicht, dass das bis in Ewigkeit so
	    bleibt.
Fürstin, Ihr Leben besteht aus vielen Rollen: Mutter,
      Managerin, Schlossherrin, Kunstsammlerin, Society-Lady,
      Buchautorin, ja, auch Wohltäterin.Was ist Ihre liebste Rolle? Und warum?
      
	    Alles gruppiert sich um die Rolle als Mutter und die der
	    Familienchefin. In letztere bin ich nach dem Tod meines
	    Mannes »hineingerutscht«. Mutter zu sein ist definitiv meine
	    liebste Rolle, sie ist aber auch die größte Herausforderung.
	    Sie deckt alle anderen Facetten ab, und das hat mich immer auf
	    Trab gehalten. Meine Kinder sind schon erwachsen, aber
	    dennoch brauchen sie mich noch sehr stark. Ich spüre, dass sie
	    von mir erwarten, dass ich für sie Vorbild bin, und sei es nur,
	    damit sie eine Gegenposition beziehen können.
In Ihrem langen Gespräch mit Peter Seewald vor drei Jahren nennen
  Sie sich eine konservative Feministin.Wie würden Sie für sich persönlich
      Feminismus heute definieren?
      
	    Für mich bedeutet Feminismus, für die Interessen der Frau
	    einzutreten. Das heißt: Was ist gut für sie, oder vielmehr:
	    Was ist besser für sie? Das muss eine Frau, die sich Feministin
	    nennt, vertreten. Im Zuge der 1960er und 1970er Jahre gab es
	    meiner Ansicht nach eine völlig falsche Auslegung von Feminismus.
	    Feminismus wurde darauf reduziert, dass Frauen die
	    gleichen Rechte wie Männer haben. Das ist eine viel zu kurze
	    Sicht der Dinge. Gleiche Rechte am Arbeitsplatz – klar ist das
	    wichtig und nützlich.Aber ist die Gleichmacherei in Sachen
	    Sexualität wirklich ein Vorteil für die Frau? Ich sage: Nein! Die
	    Frau ist als Sexualobjekt immer mehr ausgenützt worden. Man
	    hat ihr eingeredet, Promiskuität sei für Frauen genauso attraktiv
	    wie für die Männer. In der Euphorie dieser sexuellen Schein-
	    Freiheit hat man aber übersehen, wie schwer die sexuell ausgebeuteten
	    Frauen seelisch Schaden nehmen. Auch mit der
	    Abtreibung und deren Folgen wird die Frau alleine gelassen,
	    von den gesundheitlichen Schäden durch die jahrelange
	    Einnahme der Pille ganz zu schweigen. Später kam das »Gender
	    Mainstreaming« als Trend hinzu. Man will die Geschlechterrollen
	    ganz aufheben. Das ist meiner Meinung nach der Tod
	    von Mann und Frau.Wo es keine Unterschiede gibt, wird man
	    entrechtet. Ich glaube, es ist gut, dass es zwei Geschlechter gibt,
	    die sich auch in grundlegenden Dingen unterscheiden.Warum
	    denn der Natur ins Handwerk pfuschen?
In dem Interview äußern Sie sich skeptisch, was die Zukunft angeht,
  ja, beinahe pessimistisch.Was sind für Sie die größten Probleme
      in unserem Land?
      
	    Die allergrößten Probleme liegen in der genetischen Manipulation
	    des Erbgutes und der Abtreibung, die mittlerweile schon
	    als Menschenrecht proklamiert werden soll.Wenn wir uns über
	    Leben und Tod erheben, wenn wir mit menschlichem Leben herumexperimentieren	  – Frankensteins Monster lässt grüßen –,
	    dann wird das schlimme Folgen haben. Oftmals erkennen die
	    Menschen überhaupt nicht, wie ihr gegenwärtiges Handeln
	    sich in der Zukunft auswirkt. Die Erfinder der Atombombe
	    haben auch nicht gewollt, dass die Bombe über Nagasaki explodiert.
	    Sie haben sich am Schluss die größten Vorwürfe gemacht,
	    weil sie merkten,was sie da losgetreten hatten.
	    Wie gefährlich der menschliche Forschungsdrang sein kann,
	    sehen wir an dem Bestreben, die Möglichkeiten für embryonale
	    Stammzellenforschung weiter zu lockern. Da werden Embryos
	    produziert, um an ihnen zu forschen. Um sie schließlich als
	    Ersatzteillager für Menschen zu benutzen. Und das, obwohl
	    mit adulten Stammzellen hervorragende Ergebnisse erzielt
	    werden.
	    Oder nehmen Sie die Abtreibungspraxis in Deutschland: Sie
	    bedeutet den Tod von jährlich 130.000 Kindern, das sind 4.600
	    Schulklassen! Niemanden interessiert das groß.Wir haben im
	    letzten Jahr eine Petition bei der Regierung mit etwa 70.000
	    Unterschriften eingereicht, um wenigstens die Spätabtreibungen
	    zu stoppen. Da werden lebensfähige Kinder noch im neunten
	    Monat auf Grund einer Behinderung im Kreißsaal umgebracht!
	    Die Justizministerin hat uns noch nicht einmal
	    empfangen. Ein Staatssekretär hat uns dann gesagt, dass die
	    Regierung die Spätabtreibung nicht antasten will. Sie befürchten,
	    dass dann auch der Paragraph 218 neu diskutiert werden
	    könnte. Der Grund ist ganz einfach: Im Gesetz steht, dass die
	    Straffreiheit bei einer Abtreibung neu überdacht werden muss,
	    sollte sich herausstellen, dass die Abtreibungszahlen über die
	    vergangenen Jahre hinweg nicht gesunken, sondern gestiegen
	    sind. Dass die Politiker die Spätabtreibung nur aus diesem
	    Grund nicht verbieten wollen, zeigt nur, wie unmenschlich
	    und kaltherzig sie in großen Teilen sind. Das ist die traurige
	    Wahrheit.
Laut der öffentlichen Meinung mangelt es dem Katholizismus an
      Lebensfreude. Die frohmachende Botschaft wird nicht wirklich
      deutlich, heißt es.
      
	    Der Katholizismus ist die Religion der Lebensfreude! Schauen Sie sich den Protestantismus an, der eigentlich die eher strengere und rigidere Variante des Christentums ist. Auf die Katholiken in Deutschland hat der Protestantismus ein bisschen abgefärbt. adurch hat der Glaube an Lebensfreude eingebüßt und ist trockener geworden. Zudem wird in Deutschland alles, was katholisch ist, unterhöhlt. Laien drängen immer stärker in die Liturgie. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Priester gar nicht mehr gebraucht wird.Aber die tiefe Sehnsucht der Menschen nach den geweihten Händen des Priesters ist da, und das macht auch einen wichtigen Teil des Katholischen aus. Der Priester ist nicht ein besserer Mensch als wir Laien, aber durch seine Weihe repräsentiert er in der Eucharistie Christus selbst. Das hat schon einen ganz anderen Wert als der Laie, der die Hostie austeilt.Wenn man sieht, wie heute manchmal Messen gefeiert werden,wähnt man sich doch schon fast in einer Show. Aber Show kann Harald Schmidt besser. Da, wo katholischer Glaube richtig gelebt wird, herrscht
	    Lebensfreude. Alle unsere schönen Volksfeste haben einen
	    katholischen Hintergrund. Oder nehmen Sie das Sakrament
	    der Beichte: Wenn ich meine Seele befreien kann von der Last
	    meines Tuns, kann ich doch viel fröhlicher durchs Leben gehen.
	    Wir alle sind mit Schuld am Schwächeln des Glaubens. Wir
	    müssen uns wieder mehr für die Kirche einsetzen. Vor allem
	    anderen mit unserem Gebet und unserem Besuch der Heiligen
	    Messe. Der Konferenztisch im Gemeindesaal ist erst der zweite
	    Schritt.
Viele Christen sehen besorgt auf die Zukunft Europas.
  Die Wurzeln gehen verloren.Was können wir tun, damit Glauben
  wieder ins Bewusstsein der Menschen rückt?
  
	    Publikationen wie Theo sind in diesem Zusammenhang sehr
	    wichtig. Ich selbst versuche auch überall Menschen, denen der
	    Glaube wichtig ist, zusammenzubringen.Wir brauchen wieder
	    mehr Gemeinschaft. Die Zeiten, in denen jeder so vor sich	  »hinwurstelt«, können wir uns nicht mehr leisten.Warum
	    nicht den Pfarrer regelmäßig zum Abendessen einladen, ihn als
	    Familienmitglied begreifen, damit er hautnah spürt,was die
	    Menschen wollen und brauchen? Ein »Laienrat«, wie wir ihn in
	    Deutschland flächendeckend haben, ist nicht wirklich das
	    Abbild einer Gesellschaft, sondern in erster Linie schon wieder
	    Institution. Der Priester aber muss sehen, wie es in den Familien
	    zu Hause läuft und sich auch als Teil der Familien fühlen
	    dürfen.
Welche Personen waren für Sie wichtig für die Entwicklung Ihres Glaubens?
	    
	    Neben meiner Mutter war mein Vater sehr wichtig. Er hat uns
	    Kindern Religionsunterricht gegeben. Einen frommen Vater zu
	    haben, ist schon sehr prägend. Später haben sich meine Eltern
	    getrennt. Mein Vater wollte eine jüngere Frau heiraten, er hat
	    in Sünde gelebt, aber für den Rest seines Lebens auch mit einem
	    schlechten Gewissen. Er war ein gespaltener, aber tiefgläubiger
	    Mensch. Ich denke oft an ihn im Gebet. Er ist ja fast zeitgleich
	    mit meinem Mann gestorben. Gott sei Dank hat er sich vor
	    seinem Tod mit meiner Mutter und der Kirche versöhnt.
»Mutter zu sein ist definitiv meine liebste Rolle.«
Was sind die Stärken des Katholizismus?
	    An jedem Tag des Jahres wird uns etwas Schönes, Sinnvolles
	    geschenkt.Wer in den liturgischen Kalender guckt, hat im
	    Grunde immer etwas zu feiern. Einen bestimmten Heiligen
	    oder eben einen hohen Feiertag. So ist man eingebettet in die
	    Familie Gottes mit allen Engeln und Heiligen. Man ist nie
	    allein, lebt gleichsam in Jahrhunderten und Jahrtausenden,
	    mit all jenen, die damals schon waren und immer noch sind.
	    Nehmen Sie die Heilige Birgitta, deren Gedenktag heute ist!
	    Sie verkörpert förmlich den Feminismus! Sie hat hart gearbeitet
	    und das in einer Zeit, in der es noch ungleich schwieriger war,
	    als Frau Ideen durchzusetzen. Die Heilige Birgitta ist deshalb
	    für mich nicht weit weg, sie wird durch ihren Gedenktag
	    immer ganz gegenwärtig. Natürlich machen aber die Sakramente
	    den eigentlichen Kern des Katholizismus aus. Aus
	    ihnen schöpfen wir einen ungeheuren Reichtum.
	    Ich bin oft in Afrika. Die Menschen dort sind meistens
	    Baptisten. Sie fragen mich: Was ist der Vorteil an deiner Kirche?
	    Dann erkläre ich ihnen das so: »Bei Euch auf dem Teller gibt es
	    Reis und Gemüse. Bei uns im katholischen Glauben gibt’s
	    zusätzlich eben noch ein schönes Stück Fleisch dazu.« Das meine
	    ich auch im übertragenen Sinne: Gott ist für uns Mensch
	    geworden, und wir nehmen als Menschen Teil an der Gottheit
	    Christi. Oder ich erkläre das Wesen der Katholischen Kirche
	    anhand eines anderen Beispiels: Das Leben ist eine ganz lange
	    Wanderung durch einen tiefen Wald oder Busch. Klar, man
	    kann den Weg auch alleine gehen und das Ziel finden.Aber
	    schöner ist es, wenn man unterwegs an Stationen Halt macht,
	    an denen man sich ausruhen kann, baden geht, etwas zu essen
	    und zu trinken bekommt und womöglich, wenn man etwas
	    vom Weg abgekommen ist, Orientierung und Rat. Das ist das
	    Wesen der Katholischen Kirche: Sie macht es einfacher, durch
	    den Dschungel des Lebens zu kommen.Aber klar: Man kann
	    das auch alleine schaffen. Nur ist die Gefahr größer, dass man
	    sich verläuft, von wilden Tieren gefressen wird oder vor
	    Erschöpfung stirbt. Diese »Dienstleistung des Katholischen«
	    macht das Leben eben schöner und angenehmer, aber vor allem
	    auch sicherer. Das Allerwichtigste ist aber: Man verliert auf
	    seinem Weg Gott nicht aus den Augen!
Haben Sie schon mal mit anderen Religionen geflirtet?
	    
	    Nein! (lacht)
In welchen Ländern ist der Katholizismus attraktiver als in Deutschland?
	    
	    Zum Beispiel in Italien wird er noch viel freier und natürlicher gelebt. Das merkt man sofort an der Mentalität der Menschen. Warum fühlen sich die Deutschen in Italien so wohl? Weil die Italiener besser drauf sind, weil sie ihre Religion ganz anders leben. Sie ist Teil der Kultur und nicht so »verkopft«.Wir müssen wieder sinnlicher katholisch sein und vor allem auch mehr Vertrauen zu Rom haben. Die deutschen Katholiken tendieren – zumindest in Teilen – immer von Rom weg. Ich frage mich,
	    warum? Das haben die Protestanten längst gemacht.Wir
	    wollen doch aber katholisch sein, sonst könnten wir ja in die
	    Evangelische Kirche eintreten.
Wie argumentieren Sie, wenn die »Klassiker« auf den Tisch kommen:
  Hexenverbrennung, Inquisition, Kreuzzüge?
  
	    Zunächst einmal war die Inquisition ein Rechtsfortschritt. Das
	    lehrt auch die moderne Rechtsgeschichte. Denn sie führte im
	    Falle eines Vergehens einen geregelten Prozess ein, eine genaue
	    Untersuchung.Wer angeklagt war, wurde also angehört und in
	    den meisten Fällen sogar freigesprochen. Insgesamt hat die
	    Inquisition ungefähr 300 Jahre gedauert. Jeder, der in dieser
	    Zeit durch die Inquisition der Kirche zu Tode kam, ist einer zu
	    viel.Aber man muss auch fair bleiben. Denn die Kirche muss in
	    Zusammenhang mit der Inquisition für alles herhalten. Und
	    allzu oft wird die Inquisition als Argument gegen die Katholische
	    Kirche verwendet.Wer das sagt, dem empfehle ich einen
	    Blick in die Geschichtsbücher: Was passierte während der
	    Reformation? Unter Heinrich VIII. wurden innerhalb von
	    30 Jahren Zehntausende Menschen umgebracht.
	    80 Prozent der mittelalterlichen Sakralkunst wurden in seiner
	    Regierungszeit zerstört, Klöster enteignet und Kunstschätze
	    verscherbelt, um Kriege zu finanzieren. Oder nehmen Sie
	    Herrscher wie Heinrich IV. Er hat Kriege unter dem
	    Deckmäntelchen der kirchlichen Inquisition geführt, um sein
	    Herrschaftsgebiet zu vergrößern. So sind im Namen der
	    Inquisition viele Menschen umgebracht worden, ohne dass die
	    Kirche damit etwas zu tun hatte. Immer wird alles in einen
	    Topf geworfen. Erst ganz langsam ändert sich diese einseitige
	    historische Wahrnehmung. Ich empfehle sehr das Buch von
	    Hans C. Zander: Die »Kurzgefasste Verteidigung der Heiligen
	    Inquisition«. Kirche war über Jahrhunderte Trägerin der
	    Bildung, der Kunst, der Wissenschaft und der Philosophie.
	    Denken Sie an den Heiligen Benedikt, Thomas von Aquin oder
	    Albert den Großen. Sie haben die Basis unseres heutigen
	    Rechtsystems und unserer europäischen Kultur gelegt.
Führen Sie Ihr Unternehmen Thurn und Taxis nach christlichen
  Grundsätzen?
  
  Ja.Wir spielen nicht mit verdeckten Karten, wir gehen offen
	    und ehrlich in Verhandlungen, und wenn wir merken, dass uns
	    etwas nicht Koscheres angeboten wird, verzichten wir eben.
	    Ich führe mein Geschäftsleben genau wie mein Familienleben:
	    offensiv, offen und ehrlich. Der Name eines Hauses oder einer
	    Firma hat dann einen guten Namen, wenn die Leute nach
	    Verhandlungen sagen: Wir sind fair behandelt worden.
Neigen Sie zum Missionieren oder denken Sie, dass jeder Mensch seinen
      eigenen Weg finden muss?
      
	    Wir müssen missionieren. Das ist eine Verpflichtung, die uns
	    aufgetragen ist. Allerdings nicht mit dem »Holzhammer«, sondern
	    indem wir die Frohe Botschaft verkünden, wie Jesus es
	    seinen Jüngern aufgetragen hat. Papst Johannes Paul II. hat
	    dafür jedes Medium genutzt: Presse, Fernsehen, Internet.Was
	    aber heißt Missionieren? Stellen Sie sich einfach vor, Sie waren
	    an einem fremden Ort, an dem Sie ausgeraubt wurden. Das
	    würden Sie doch jemandem, der genau da hinreisen möchte,
	    erzählen, um ihm diese Erfahrung zu ersparen.Wenn er dann
	    trotzdem hinreisen will – ok. Glaube muss immer in Freiheit
	    geschehen, das Evangelium ist ein Angebot, das ich annehmen
	    oder ablehnen kann. Umgekehrt würden Sie doch auch einen
	    besonders schönen Ort weiter empfehlen. Genauso ist es mit
	    dem Glauben: Er ist viel zu schön, um ihn für sich zu behalten.
	    Die Botschaft Jesu bietet nicht nur Lebenshilfe, sie verspricht
	    uns auch das Ewige Leben. Das müssen wir anderen Menschen
	    verkünden.
»Meine Erfahrung ist, dass Frauen all das können, was Männer können, 
	    manchmal sogar besser.«
Glauben Sie, dass man sich seinen »kindlichen Glauben« bewahren
      sollte, oder braucht es eine tiefe, intellektuelle Auseinandersetzung mit
      dem Mysterium Christi?
      
	    Das kommt ganz darauf an. Es gibt Menschen, denen erschließt
	    sich alles besser durchs Studieren. Ich lese zwar auch gern die
	    Bücher des Heiligen Vaters, Romano Guardinis oder Klaus
	    Bergers.Aber bin ich dadurch viel gläubiger geworden? Ich
	    weiß es nicht. Dass Gott uns liebt, dass die Muttergottes für uns
	    da ist und uns beschützt – das gibt mir Kraft.Aber dafür muss
	    ich zuallererst glauben und nicht wissen. Die einfache
	    Volksfrömmigkeit ist für mich oft viel wichtiger und wertvoller
	    als alles,was ich gelesen habe. Meinen Glauben stärken kann
	    ich deshalb auch vor allem durch das Gebet und durch die
	    Sakramente. Durch sie erfahre ich,was Gnade bedeutet.
Sie sind davon überzeugt, dass jeder Mensch einen Schutzengel hat?
	    
	    Ja, und ich habe großes Vertrauen zu meinem Schutzengel. Die
	    Engel sind für uns da und helfen uns im Alltag, auch bei scheinbar
	    banalen Dingen.
Ihr Glaube habe Sie stärker gemacht, sagten Sie einmal. Und Sie hätten sich abgewöhnt verletzlich zu sein? Kann man das durchhalten?
	    
	    Nein. Im Grunde war es eine zynische Aussage. In dem Augenblick, in dem man keine Gefühle mehr zulässt, wird man ja stumpf.
Gott ist Liebe, sagt unser Papst.Wie können wir mehr und mehr lernen, Liebende zu werden?
	    
	    Ein Patentrezept habe ich natürlich nicht. Im Alltag ist es schwierig, in Ehe und Familie harte Arbeit. Da fliegen schon mal die Fetzen. Immer daran arbeiten, sich immer bewusst sein, dass man Fehler macht. Nicht so verhärten, dass man nach einem Streitgespräch nicht wieder zueinander findet. Auch Verzichten und Leiden akzeptieren, gehört dazu. Dann erfahren wir Liebe. Und das Allein-sein-können ist wichtig. Ich spreche oft mit meinen Kindern darüber. Wer nicht auch allein sein kann, kann auch kein guter
	    Partner sein. Denn es entsteht dann schnell ein Abhängigkeitsverhältnis,
	    und das erdrückt den Partner.
	    Die Herausforderung heute ist ja, eine Ehe auch durchzuhalten
	    und nicht gleich beim ersten Gewitter auseinander zu
	    gehen. Letztlich ist auch hier der Glaube ein gutes Hilfsmittel:
	    Wenn ich weiß, dass ich bei Gott geborgen bin und den reichen
	    Schatz der Glaubensfamilie leben kann, in Vergangenheit,
	    Gegenwart und Zukunft, dann werde ich doch schon mal ganz
	    anders getragen.
Können Sie gut allein sein?
	    
    Ja. Aber das musste ich erst mal erlernen.Auch der Papst kennt das Thema Einsamkeit, sagt er in einem Interview!
	    Ja, auf dem Gipfel ist die Luft sehr dünn. Das Papstamt ist
	    sicher ein schweres Kreuz.
Was bedeutet Papst Benedikt XVI. für Deutschland?
	    
	    Die Katholische Kirche wird nun von einem Deutschen geführt,
	    das ist doch etwas Besonderes, auch für die Menschen, die sich
	    vielleicht vorher nicht so sehr um die Kirche gekümmert haben.
	    Dieser Papst ist auch kein Unbekannter. Auch wenn manche
	    Menschen früher Vorurteile gegen ihn hatten, haben sie sich
	    immerhin mit ihm auseinandergesetzt. Und das ist doch viel
	    besser, als jemand ohne jedes Profil, den man erst über mehrere
	    Jahre hinweg kennen lernen muss. Bei diesem Papst weiß man:
	    Wo Joseph Ratzinger draufsteht, ist auch Benedikt xvi. drin.
Was schätzen Sie am Heiligen Vater?
	    
	    Dass er so einen spitzbübischen Humor hat. Er kann lachen,
	    sich freuen, er kann genießen. Dadurch ist er auch so jung
	    geblieben. Ich wünsche ihm, dass er die schwere Last seines
	    Amtes mit Leichtigkeit tragen kann und dass er seinen Witz
    trotz seiner schweren Verantwortung nicht verliert.
Ihre drei erwachsenen Kinder gehen schon ihre eigenen Wege.
  Was wünschen Sie ihnen am meisten?	    
  
	    Ein tiefes und erfülltes Glaubensleben.Wenn man das hat, läuft
	    auch alles andere, dann kann man mit jeder Lebensproblematik
	    souverän umgehen, ohne gleich den Boden unter den Füßen zu
	    verlieren. Ein wirklicher Christ wird immer einen Sinn erkennen,
	    wird immer sagen können: Gott, du hast mich jetzt schwer
	    geprüft, gib mir die Kraft, das zu ertragen.
	    
	     Fürstin, wir danken Ihnen für das Gespräch. 
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