Interview
03.11.2007
Fürstin Gloria im Interview im Magazin "theo"
Interview: Brigitte Haertel
Was ist Ihrer Meinung nach der Unterschied im Wesen von Mann und Frau?
Eine Frau ist von Natur aus so disponiert: Sie möchte Kinder haben, einen Mann, der ihr treu ist, der für sie da ist und sie beschützt. Das sind Grundbedürfnisse, die jede Frau hat. Wenn man das heute äußert, wird man oft als Fundamentalist oder als jemand von vorgestern bezeichnet.Aber ich bin mir sicher, dass immer mehr Menschen – gerade aus der so genannten »Ökoszene« – erkennen, dass es die Natur ist, die diese Unterschiede zwischen Mann und Frau festlegt.Wenn man uns Frauen aber ständig einredet, dass wir uns aus dieser natürlich angelegten Schöpfung herauslösen müssen, klingt das im ersten Moment vielleicht ganz attraktiv, langfristig aber ist es gegen unser ureigenstes Interesse. Es kann eine Weile funktionieren, aber es fordert seinen Tribut. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass einige Alt-68er wieder zum Katholizismus zurückfinden.
Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass die
göttliche Schöpfungsordnung sich nicht gegen den Menschen
richtet, sondern für den Menschen da ist. Und dass die Gebote,
an die wir uns halten dürfen, für uns gemacht sind – und zwar,
um uns frei zu machen und nicht, um uns zu gängeln.
Sie selbst tun auch Dinge, die traditionell »männlich« behaftet sind.
Sie sind für ihre Kinder Vater und Mutter zugleich, leiten ein Unternehmen,
managen die Familie. Haben Sie manchmal das Gefühl, dass
ihre Weiblichkeit auf der Strecke bleibt?
Gar nicht. Meine Erfahrung ist, dass Frauen all das können,
was Männer können, manchmal sogar besser. Frauen sind mit
einem ungeheuren Instinkt ausgestattet, haben die bessere
Sozialkompetenz und die »Intelligenz des Herzens«. Die Frau
muss bloß ihre Grenzen klar setzen. Ich hatte oft das Gefühl,
dass ich als Frau schärfer und härter beurteilt wurde als ein
Mann. Das war für mich eine Herausforderung.
Wäre es unter feministischen Gesichtspunkten nicht denkbar gewesen,
dass Ihre älteste Tochter das Thurn-und-Taxis-Erbe antritt und nicht
ihres Geschlechts wegen gar nicht erst in Betracht kommt?
Nach unserem Familienrecht erbt der älteste Sohn, damit der
Name in die nächste Generation weitergetragen wird. Ich
habe dieses Recht nicht geschrieben, es war der Wunsch des
Erblassers. Aber das heißt nicht, dass das bis in Ewigkeit so
bleibt.
Fürstin, Ihr Leben besteht aus vielen Rollen: Mutter,
Managerin, Schlossherrin, Kunstsammlerin, Society-Lady,
Buchautorin, ja, auch Wohltäterin.Was ist Ihre liebste Rolle? Und warum?
Alles gruppiert sich um die Rolle als Mutter und die der
Familienchefin. In letztere bin ich nach dem Tod meines
Mannes »hineingerutscht«. Mutter zu sein ist definitiv meine
liebste Rolle, sie ist aber auch die größte Herausforderung.
Sie deckt alle anderen Facetten ab, und das hat mich immer auf
Trab gehalten. Meine Kinder sind schon erwachsen, aber
dennoch brauchen sie mich noch sehr stark. Ich spüre, dass sie
von mir erwarten, dass ich für sie Vorbild bin, und sei es nur,
damit sie eine Gegenposition beziehen können.
In Ihrem langen Gespräch mit Peter Seewald vor drei Jahren nennen
Sie sich eine konservative Feministin.Wie würden Sie für sich persönlich
Feminismus heute definieren?
Für mich bedeutet Feminismus, für die Interessen der Frau
einzutreten. Das heißt: Was ist gut für sie, oder vielmehr:
Was ist besser für sie? Das muss eine Frau, die sich Feministin
nennt, vertreten. Im Zuge der 1960er und 1970er Jahre gab es
meiner Ansicht nach eine völlig falsche Auslegung von Feminismus.
Feminismus wurde darauf reduziert, dass Frauen die
gleichen Rechte wie Männer haben. Das ist eine viel zu kurze
Sicht der Dinge. Gleiche Rechte am Arbeitsplatz – klar ist das
wichtig und nützlich.Aber ist die Gleichmacherei in Sachen
Sexualität wirklich ein Vorteil für die Frau? Ich sage: Nein! Die
Frau ist als Sexualobjekt immer mehr ausgenützt worden. Man
hat ihr eingeredet, Promiskuität sei für Frauen genauso attraktiv
wie für die Männer. In der Euphorie dieser sexuellen Schein-
Freiheit hat man aber übersehen, wie schwer die sexuell ausgebeuteten
Frauen seelisch Schaden nehmen. Auch mit der
Abtreibung und deren Folgen wird die Frau alleine gelassen,
von den gesundheitlichen Schäden durch die jahrelange
Einnahme der Pille ganz zu schweigen. Später kam das »Gender
Mainstreaming« als Trend hinzu. Man will die Geschlechterrollen
ganz aufheben. Das ist meiner Meinung nach der Tod
von Mann und Frau.Wo es keine Unterschiede gibt, wird man
entrechtet. Ich glaube, es ist gut, dass es zwei Geschlechter gibt,
die sich auch in grundlegenden Dingen unterscheiden.Warum
denn der Natur ins Handwerk pfuschen?
In dem Interview äußern Sie sich skeptisch, was die Zukunft angeht,
ja, beinahe pessimistisch.Was sind für Sie die größten Probleme
in unserem Land?
Die allergrößten Probleme liegen in der genetischen Manipulation
des Erbgutes und der Abtreibung, die mittlerweile schon
als Menschenrecht proklamiert werden soll.Wenn wir uns über
Leben und Tod erheben, wenn wir mit menschlichem Leben herumexperimentieren – Frankensteins Monster lässt grüßen –,
dann wird das schlimme Folgen haben. Oftmals erkennen die
Menschen überhaupt nicht, wie ihr gegenwärtiges Handeln
sich in der Zukunft auswirkt. Die Erfinder der Atombombe
haben auch nicht gewollt, dass die Bombe über Nagasaki explodiert.
Sie haben sich am Schluss die größten Vorwürfe gemacht,
weil sie merkten,was sie da losgetreten hatten.
Wie gefährlich der menschliche Forschungsdrang sein kann,
sehen wir an dem Bestreben, die Möglichkeiten für embryonale
Stammzellenforschung weiter zu lockern. Da werden Embryos
produziert, um an ihnen zu forschen. Um sie schließlich als
Ersatzteillager für Menschen zu benutzen. Und das, obwohl
mit adulten Stammzellen hervorragende Ergebnisse erzielt
werden.
Oder nehmen Sie die Abtreibungspraxis in Deutschland: Sie
bedeutet den Tod von jährlich 130.000 Kindern, das sind 4.600
Schulklassen! Niemanden interessiert das groß.Wir haben im
letzten Jahr eine Petition bei der Regierung mit etwa 70.000
Unterschriften eingereicht, um wenigstens die Spätabtreibungen
zu stoppen. Da werden lebensfähige Kinder noch im neunten
Monat auf Grund einer Behinderung im Kreißsaal umgebracht!
Die Justizministerin hat uns noch nicht einmal
empfangen. Ein Staatssekretär hat uns dann gesagt, dass die
Regierung die Spätabtreibung nicht antasten will. Sie befürchten,
dass dann auch der Paragraph 218 neu diskutiert werden
könnte. Der Grund ist ganz einfach: Im Gesetz steht, dass die
Straffreiheit bei einer Abtreibung neu überdacht werden muss,
sollte sich herausstellen, dass die Abtreibungszahlen über die
vergangenen Jahre hinweg nicht gesunken, sondern gestiegen
sind. Dass die Politiker die Spätabtreibung nur aus diesem
Grund nicht verbieten wollen, zeigt nur, wie unmenschlich
und kaltherzig sie in großen Teilen sind. Das ist die traurige
Wahrheit.
Laut der öffentlichen Meinung mangelt es dem Katholizismus an
Lebensfreude. Die frohmachende Botschaft wird nicht wirklich
deutlich, heißt es.
Der Katholizismus ist die Religion der Lebensfreude! Schauen Sie sich den Protestantismus an, der eigentlich die eher strengere und rigidere Variante des Christentums ist. Auf die Katholiken in Deutschland hat der Protestantismus ein bisschen abgefärbt. adurch hat der Glaube an Lebensfreude eingebüßt und ist trockener geworden. Zudem wird in Deutschland alles, was katholisch ist, unterhöhlt. Laien drängen immer stärker in die Liturgie. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Priester gar nicht mehr gebraucht wird.Aber die tiefe Sehnsucht der Menschen nach den geweihten Händen des Priesters ist da, und das macht auch einen wichtigen Teil des Katholischen aus. Der Priester ist nicht ein besserer Mensch als wir Laien, aber durch seine Weihe repräsentiert er in der Eucharistie Christus selbst. Das hat schon einen ganz anderen Wert als der Laie, der die Hostie austeilt.Wenn man sieht, wie heute manchmal Messen gefeiert werden,wähnt man sich doch schon fast in einer Show. Aber Show kann Harald Schmidt besser. Da, wo katholischer Glaube richtig gelebt wird, herrscht
Lebensfreude. Alle unsere schönen Volksfeste haben einen
katholischen Hintergrund. Oder nehmen Sie das Sakrament
der Beichte: Wenn ich meine Seele befreien kann von der Last
meines Tuns, kann ich doch viel fröhlicher durchs Leben gehen.
Wir alle sind mit Schuld am Schwächeln des Glaubens. Wir
müssen uns wieder mehr für die Kirche einsetzen. Vor allem
anderen mit unserem Gebet und unserem Besuch der Heiligen
Messe. Der Konferenztisch im Gemeindesaal ist erst der zweite
Schritt.
Viele Christen sehen besorgt auf die Zukunft Europas.
Die Wurzeln gehen verloren.Was können wir tun, damit Glauben
wieder ins Bewusstsein der Menschen rückt?
Publikationen wie Theo sind in diesem Zusammenhang sehr
wichtig. Ich selbst versuche auch überall Menschen, denen der
Glaube wichtig ist, zusammenzubringen.Wir brauchen wieder
mehr Gemeinschaft. Die Zeiten, in denen jeder so vor sich »hinwurstelt«, können wir uns nicht mehr leisten.Warum
nicht den Pfarrer regelmäßig zum Abendessen einladen, ihn als
Familienmitglied begreifen, damit er hautnah spürt,was die
Menschen wollen und brauchen? Ein »Laienrat«, wie wir ihn in
Deutschland flächendeckend haben, ist nicht wirklich das
Abbild einer Gesellschaft, sondern in erster Linie schon wieder
Institution. Der Priester aber muss sehen, wie es in den Familien
zu Hause läuft und sich auch als Teil der Familien fühlen
dürfen.
Welche Personen waren für Sie wichtig für die Entwicklung Ihres Glaubens?
Neben meiner Mutter war mein Vater sehr wichtig. Er hat uns
Kindern Religionsunterricht gegeben. Einen frommen Vater zu
haben, ist schon sehr prägend. Später haben sich meine Eltern
getrennt. Mein Vater wollte eine jüngere Frau heiraten, er hat
in Sünde gelebt, aber für den Rest seines Lebens auch mit einem
schlechten Gewissen. Er war ein gespaltener, aber tiefgläubiger
Mensch. Ich denke oft an ihn im Gebet. Er ist ja fast zeitgleich
mit meinem Mann gestorben. Gott sei Dank hat er sich vor
seinem Tod mit meiner Mutter und der Kirche versöhnt.
»Mutter zu sein ist definitiv meine liebste Rolle.«
Was sind die Stärken des Katholizismus?
An jedem Tag des Jahres wird uns etwas Schönes, Sinnvolles
geschenkt.Wer in den liturgischen Kalender guckt, hat im
Grunde immer etwas zu feiern. Einen bestimmten Heiligen
oder eben einen hohen Feiertag. So ist man eingebettet in die
Familie Gottes mit allen Engeln und Heiligen. Man ist nie
allein, lebt gleichsam in Jahrhunderten und Jahrtausenden,
mit all jenen, die damals schon waren und immer noch sind.
Nehmen Sie die Heilige Birgitta, deren Gedenktag heute ist!
Sie verkörpert förmlich den Feminismus! Sie hat hart gearbeitet
und das in einer Zeit, in der es noch ungleich schwieriger war,
als Frau Ideen durchzusetzen. Die Heilige Birgitta ist deshalb
für mich nicht weit weg, sie wird durch ihren Gedenktag
immer ganz gegenwärtig. Natürlich machen aber die Sakramente
den eigentlichen Kern des Katholizismus aus. Aus
ihnen schöpfen wir einen ungeheuren Reichtum.
Ich bin oft in Afrika. Die Menschen dort sind meistens
Baptisten. Sie fragen mich: Was ist der Vorteil an deiner Kirche?
Dann erkläre ich ihnen das so: »Bei Euch auf dem Teller gibt es
Reis und Gemüse. Bei uns im katholischen Glauben gibt’s
zusätzlich eben noch ein schönes Stück Fleisch dazu.« Das meine
ich auch im übertragenen Sinne: Gott ist für uns Mensch
geworden, und wir nehmen als Menschen Teil an der Gottheit
Christi. Oder ich erkläre das Wesen der Katholischen Kirche
anhand eines anderen Beispiels: Das Leben ist eine ganz lange
Wanderung durch einen tiefen Wald oder Busch. Klar, man
kann den Weg auch alleine gehen und das Ziel finden.Aber
schöner ist es, wenn man unterwegs an Stationen Halt macht,
an denen man sich ausruhen kann, baden geht, etwas zu essen
und zu trinken bekommt und womöglich, wenn man etwas
vom Weg abgekommen ist, Orientierung und Rat. Das ist das
Wesen der Katholischen Kirche: Sie macht es einfacher, durch
den Dschungel des Lebens zu kommen.Aber klar: Man kann
das auch alleine schaffen. Nur ist die Gefahr größer, dass man
sich verläuft, von wilden Tieren gefressen wird oder vor
Erschöpfung stirbt. Diese »Dienstleistung des Katholischen«
macht das Leben eben schöner und angenehmer, aber vor allem
auch sicherer. Das Allerwichtigste ist aber: Man verliert auf
seinem Weg Gott nicht aus den Augen!
Haben Sie schon mal mit anderen Religionen geflirtet?
Nein! (lacht)
In welchen Ländern ist der Katholizismus attraktiver als in Deutschland?
Zum Beispiel in Italien wird er noch viel freier und natürlicher gelebt. Das merkt man sofort an der Mentalität der Menschen. Warum fühlen sich die Deutschen in Italien so wohl? Weil die Italiener besser drauf sind, weil sie ihre Religion ganz anders leben. Sie ist Teil der Kultur und nicht so »verkopft«.Wir müssen wieder sinnlicher katholisch sein und vor allem auch mehr Vertrauen zu Rom haben. Die deutschen Katholiken tendieren – zumindest in Teilen – immer von Rom weg. Ich frage mich,
warum? Das haben die Protestanten längst gemacht.Wir
wollen doch aber katholisch sein, sonst könnten wir ja in die
Evangelische Kirche eintreten.
Wie argumentieren Sie, wenn die »Klassiker« auf den Tisch kommen:
Hexenverbrennung, Inquisition, Kreuzzüge?
Zunächst einmal war die Inquisition ein Rechtsfortschritt. Das
lehrt auch die moderne Rechtsgeschichte. Denn sie führte im
Falle eines Vergehens einen geregelten Prozess ein, eine genaue
Untersuchung.Wer angeklagt war, wurde also angehört und in
den meisten Fällen sogar freigesprochen. Insgesamt hat die
Inquisition ungefähr 300 Jahre gedauert. Jeder, der in dieser
Zeit durch die Inquisition der Kirche zu Tode kam, ist einer zu
viel.Aber man muss auch fair bleiben. Denn die Kirche muss in
Zusammenhang mit der Inquisition für alles herhalten. Und
allzu oft wird die Inquisition als Argument gegen die Katholische
Kirche verwendet.Wer das sagt, dem empfehle ich einen
Blick in die Geschichtsbücher: Was passierte während der
Reformation? Unter Heinrich VIII. wurden innerhalb von
30 Jahren Zehntausende Menschen umgebracht.
80 Prozent der mittelalterlichen Sakralkunst wurden in seiner
Regierungszeit zerstört, Klöster enteignet und Kunstschätze
verscherbelt, um Kriege zu finanzieren. Oder nehmen Sie
Herrscher wie Heinrich IV. Er hat Kriege unter dem
Deckmäntelchen der kirchlichen Inquisition geführt, um sein
Herrschaftsgebiet zu vergrößern. So sind im Namen der
Inquisition viele Menschen umgebracht worden, ohne dass die
Kirche damit etwas zu tun hatte. Immer wird alles in einen
Topf geworfen. Erst ganz langsam ändert sich diese einseitige
historische Wahrnehmung. Ich empfehle sehr das Buch von
Hans C. Zander: Die »Kurzgefasste Verteidigung der Heiligen
Inquisition«. Kirche war über Jahrhunderte Trägerin der
Bildung, der Kunst, der Wissenschaft und der Philosophie.
Denken Sie an den Heiligen Benedikt, Thomas von Aquin oder
Albert den Großen. Sie haben die Basis unseres heutigen
Rechtsystems und unserer europäischen Kultur gelegt.
Führen Sie Ihr Unternehmen Thurn und Taxis nach christlichen
Grundsätzen?
Ja.Wir spielen nicht mit verdeckten Karten, wir gehen offen
und ehrlich in Verhandlungen, und wenn wir merken, dass uns
etwas nicht Koscheres angeboten wird, verzichten wir eben.
Ich führe mein Geschäftsleben genau wie mein Familienleben:
offensiv, offen und ehrlich. Der Name eines Hauses oder einer
Firma hat dann einen guten Namen, wenn die Leute nach
Verhandlungen sagen: Wir sind fair behandelt worden.
Neigen Sie zum Missionieren oder denken Sie, dass jeder Mensch seinen
eigenen Weg finden muss?
Wir müssen missionieren. Das ist eine Verpflichtung, die uns
aufgetragen ist. Allerdings nicht mit dem »Holzhammer«, sondern
indem wir die Frohe Botschaft verkünden, wie Jesus es
seinen Jüngern aufgetragen hat. Papst Johannes Paul II. hat
dafür jedes Medium genutzt: Presse, Fernsehen, Internet.Was
aber heißt Missionieren? Stellen Sie sich einfach vor, Sie waren
an einem fremden Ort, an dem Sie ausgeraubt wurden. Das
würden Sie doch jemandem, der genau da hinreisen möchte,
erzählen, um ihm diese Erfahrung zu ersparen.Wenn er dann
trotzdem hinreisen will – ok. Glaube muss immer in Freiheit
geschehen, das Evangelium ist ein Angebot, das ich annehmen
oder ablehnen kann. Umgekehrt würden Sie doch auch einen
besonders schönen Ort weiter empfehlen. Genauso ist es mit
dem Glauben: Er ist viel zu schön, um ihn für sich zu behalten.
Die Botschaft Jesu bietet nicht nur Lebenshilfe, sie verspricht
uns auch das Ewige Leben. Das müssen wir anderen Menschen
verkünden.
»Meine Erfahrung ist, dass Frauen all das können, was Männer können,
manchmal sogar besser.«
Glauben Sie, dass man sich seinen »kindlichen Glauben« bewahren
sollte, oder braucht es eine tiefe, intellektuelle Auseinandersetzung mit
dem Mysterium Christi?
Das kommt ganz darauf an. Es gibt Menschen, denen erschließt
sich alles besser durchs Studieren. Ich lese zwar auch gern die
Bücher des Heiligen Vaters, Romano Guardinis oder Klaus
Bergers.Aber bin ich dadurch viel gläubiger geworden? Ich
weiß es nicht. Dass Gott uns liebt, dass die Muttergottes für uns
da ist und uns beschützt – das gibt mir Kraft.Aber dafür muss
ich zuallererst glauben und nicht wissen. Die einfache
Volksfrömmigkeit ist für mich oft viel wichtiger und wertvoller
als alles,was ich gelesen habe. Meinen Glauben stärken kann
ich deshalb auch vor allem durch das Gebet und durch die
Sakramente. Durch sie erfahre ich,was Gnade bedeutet.
Sie sind davon überzeugt, dass jeder Mensch einen Schutzengel hat?
Ja, und ich habe großes Vertrauen zu meinem Schutzengel. Die
Engel sind für uns da und helfen uns im Alltag, auch bei scheinbar
banalen Dingen.
Ihr Glaube habe Sie stärker gemacht, sagten Sie einmal. Und Sie hätten sich abgewöhnt verletzlich zu sein? Kann man das durchhalten?
Nein. Im Grunde war es eine zynische Aussage. In dem Augenblick, in dem man keine Gefühle mehr zulässt, wird man ja stumpf.
Gott ist Liebe, sagt unser Papst.Wie können wir mehr und mehr lernen, Liebende zu werden?
Ein Patentrezept habe ich natürlich nicht. Im Alltag ist es schwierig, in Ehe und Familie harte Arbeit. Da fliegen schon mal die Fetzen. Immer daran arbeiten, sich immer bewusst sein, dass man Fehler macht. Nicht so verhärten, dass man nach einem Streitgespräch nicht wieder zueinander findet. Auch Verzichten und Leiden akzeptieren, gehört dazu. Dann erfahren wir Liebe. Und das Allein-sein-können ist wichtig. Ich spreche oft mit meinen Kindern darüber. Wer nicht auch allein sein kann, kann auch kein guter
Partner sein. Denn es entsteht dann schnell ein Abhängigkeitsverhältnis,
und das erdrückt den Partner.
Die Herausforderung heute ist ja, eine Ehe auch durchzuhalten
und nicht gleich beim ersten Gewitter auseinander zu
gehen. Letztlich ist auch hier der Glaube ein gutes Hilfsmittel:
Wenn ich weiß, dass ich bei Gott geborgen bin und den reichen
Schatz der Glaubensfamilie leben kann, in Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft, dann werde ich doch schon mal ganz
anders getragen.
Können Sie gut allein sein?
Ja. Aber das musste ich erst mal erlernen.Auch der Papst kennt das Thema Einsamkeit, sagt er in einem Interview!
Ja, auf dem Gipfel ist die Luft sehr dünn. Das Papstamt ist
sicher ein schweres Kreuz.
Was bedeutet Papst Benedikt XVI. für Deutschland?
Die Katholische Kirche wird nun von einem Deutschen geführt,
das ist doch etwas Besonderes, auch für die Menschen, die sich
vielleicht vorher nicht so sehr um die Kirche gekümmert haben.
Dieser Papst ist auch kein Unbekannter. Auch wenn manche
Menschen früher Vorurteile gegen ihn hatten, haben sie sich
immerhin mit ihm auseinandergesetzt. Und das ist doch viel
besser, als jemand ohne jedes Profil, den man erst über mehrere
Jahre hinweg kennen lernen muss. Bei diesem Papst weiß man:
Wo Joseph Ratzinger draufsteht, ist auch Benedikt xvi. drin.
Was schätzen Sie am Heiligen Vater?
Dass er so einen spitzbübischen Humor hat. Er kann lachen,
sich freuen, er kann genießen. Dadurch ist er auch so jung
geblieben. Ich wünsche ihm, dass er die schwere Last seines
Amtes mit Leichtigkeit tragen kann und dass er seinen Witz
trotz seiner schweren Verantwortung nicht verliert.
Ihre drei erwachsenen Kinder gehen schon ihre eigenen Wege.
Was wünschen Sie ihnen am meisten?
Ein tiefes und erfülltes Glaubensleben.Wenn man das hat, läuft
auch alles andere, dann kann man mit jeder Lebensproblematik
souverän umgehen, ohne gleich den Boden unter den Füßen zu
verlieren. Ein wirklicher Christ wird immer einen Sinn erkennen,
wird immer sagen können: Gott, du hast mich jetzt schwer
geprüft, gib mir die Kraft, das zu ertragen.
Fürstin, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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